Das Projekt!

Das Boot

Seemannslieder

Das Braunteer-Lied


Es scheint mir, als ob im seemännischen Stande
Ein Geruch markant ist von braunem Teer,
Denn auch in dem besten und schönsten Gewande
Riecht man den Seemann schon von weitem her

Einst ging ich zum Tanzen und schmückte mich mächtig,
Die Beißzange stand mir gemacht wie von Guß.
Die weißen Leesegel standen auch prächtig,
Wie Kohlenteer glänzte der Stiefel am Fuß!

Mit fliegenden Schritten durcheilt ich die Straßen,
Von weitem schon hört ich des Basses Gebrumm.
Im Takt dazu wurden Posaunen geblasen,
Es drehten sich wirbelnd die Paare herum.

Und diese so lieblich erklingenden Töne,
Die machten mich wirbelnd vom Kiel bis zum Topp!
Gleich griff ich mir eine verlassene Schöne,
Durchkreuzte mit ihr den Saal im Galopp.

Kaum hatt' ich den Saal bis zur Hälfte durchmessen,
Ging gerade mit meiner Fregatt über Stag,
Da riß sie sich los wie vom Teufel besessen,
Wobei sie mir fast die Arme zerbrach!

Gleich braßte ich back und ging über Steuer,
Flog hart bei dem Wind zur Saaltür hinaus,
Verwünscht meine Kleidung ins höllische Feuer,
Ging ärgerlich fluchend dann wieder nach Haus!

Und Ihr sollt wissen, was ich hörte sie sagen
Zu all den Leuten, die standen umher:
"Hilf Himmel, ich konnt' es nicht länger ertragen,
Er roch so fürchterlich strenge nach Teer!"

So ging es mir immer, so oft ich mich zeigte,
In mancherlei Kleidung und sonst noch was mehr,
Denn auch in dem schönsten und besten Gewande
Riecht man den Seemann schon von weitem her!



Aus dem Tagebuch des Segelschiffers Heinrich von Kralik, der von 1914-1916 auf der Viermastbark "Lisbeth" fuhr.